Daniel Phiesel (BMVI), Angela Kies (DFS) und Dr. Kenneth Witcher von der Embry-Riddle Aeronautical Uni (USA); Pressefotos: Peter Schmalfeld

Nutzung unbemannter fliegender Systeme und ihre Zukunft
– Zwischen Regulierung und Wertschöpfung.

 

Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V. (BDLI) und European Aviation Security Center e.V. (EASC) veranstalteten gemeinsam während der ILA 2016 eine Konferenz unter den folgenden Gesichtspunkten:

  • Adressatenkreis: Entscheidungsträger und Experten aus Politik und Ministerien, sowie Hersteller und Nutzer
  • Ausblick auf kommende gesetzliche Regulierung in Deutschland und Europa
  • Plattform für einen Austausch zwischen beteiligten Stakeholdern
  • Überblick über die Herausforderungen im technologischen und rechtlichen Bereich bei der zukünftigen Integration in den Luftraum
  • Einblick in die Anforderungen und Erwartungen der Industrie an UAS

Eine der Panel Diskussionen haben wir für Euch besucht und versucht, die vermittelten Inhalt hier zusammen zu fassen. Das Thema:

„Regularien finalisieren. Standards setzen.“

Unbemannte Flugsysteme bieten große wirtschaftliche Chancen

Klaus Peter Willsch, Vorsitzender der Parlamentsgruppe Luft- & Raumfahrt (MdB)

Klaus Peter Willsch, Vorsitzender der Parlamentsgruppe Luft- & Raumfahrt (MdB)

Klaus Peter Willsch, Mitglied des Bundestages und Vorsitzender der Parlamentsgruppe Luft- & Raumfahrt stellte in seiner Eröffnungsrede heraus, welche große Bedeutung die Branche der Multicopter insgesamt in der Zukunft haben wird und dass hierfür die geeigneten Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um den reibungslosen und sicheren Betrieb unterschiedlichster Copter-Unternehmen möglich zu machen.

Der Markt, der sich zunächst einmal relativ frei von Beschränkungen entwickeln konnte, ließ eine Vielzahl von möglichen Einsatzfeldern entstehen. Nun sei der rechte Zeitpunkt gekommen, mit Hilfe einer für alle Beteiligten und Betroffenen sinnvollen Regulierung eine solide Basis für die weitere Entwicklung neuer Möglichkeiten zum Einsatz von Multicopter bzw. UAV (unmanned aerial vehicle) zu schaffen. Und den zur Zeit im europäischen Vergleich noch zu schwach ausgebauten Bereich der Copter-Branche in Deutschland zu stärken.

Pläne zur Neuregulierung der Luftverkehrsordnung

Daniel Phiesel, verantwortlich für die Neuregulierung der Luftverkehrsordnung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) befürwortet eine bundeseinheitliche Regelung, gibt aber zu bedenken, dass in unserem föderalen System die Mitsprache und Regelung der einzelnen Länder eine wesentliche Rolle spielt. Jedoch wird angestrebt, dass zukünftig die Prüfer für die Zertifizierung von Copter Piloten zentral vom Luftfahrtbundesamt bestimmt werden.

Im neuen Konzept gebe es 3 zentrale Punkte:
  1. Drohnen, zu Sport- und Freizeitzwecken genutzt, sind Modellflugzeuge. Soweit bleibt also alles wie gehabt. Wer seinen Multicopter zum Freizeitvergnügen oder zu sportlichen Veranstaltungen nutzt, dessen Copter wird als Modellflugzeug betrachtet. Sobald er dasselbe Flugmodell zu gewerblichen Zweck nutzt, wird es als UAV betrachtet und unterliegt den Vorgaben für gewerblich genutzte unbemannte Flugobjekte.
  2. Für Modellflugzeuge werden „No-Drone-Zones“ definiert. Der Überflug von Wohngebieten ist Modellflugzeugen nicht gestattet. Hauptsächlich aus Gründen des Datenschutzes. Bleibt zu hoffen, dass die Behörden vor Ort ebenfalls einen Unterschied zwischen Multicoptern, betrieben als Modellflugzeuge, und gewerblich eingesetzten UAVs machen und nicht pauschal das Fliegen mit Multicoptern in Wohngebieten untersagen.
  3. Die Mindestflughöhe für die bemannte Luftfahrt soll auf 150 m angehoben werden. Die Aufstiegshöhe für unbemannte Luftfahrtmodelle soll generell auf 100 m beschränkt werden. Für gewerbliche Einsätze im Rahmen der allgemeinen Aufstiegserlaubnis gilt dies in den meisten Bundesländern ohnehin schon. Für die Modellflugzeug-Flieger wird es eine Ausnahmeregelung geben, da diese in den vergangenen Jahren gezeigt hätten, dass von ihrem Einsatz auf Modellflugplätzen keinerlei Risiko für die Allgemeinheit ausgeht. Das dürfte die Initiatoren der PRO-Modellflug-Kampagne freuen.

Insgesamt soll die Neuregulierung der Luftverkehrsordnung vor allem eine Liberalisierung gewerblichen Fliegens mit sich bringen. Zukünftig wird auch autonomes Fliegen außerhalb der Sichtweite möglich sein, wie von vielen gewerblichen Copter-Unternehmen gewünscht.

Risikobasiert in die Zukunft

Zentrales Element für die Erteilung von Flugerlaubnissen ist die Einführung eines Risikobasierten Ansatzes. Wichtig ist, dass Copter-Piloten eine entsprechende Eignung nachweisen, die sich im Umfang der Anforderungen nach dem zu erwartenden Risiko des Einsatzes richtet. Hierfür soll es klare, für jeden nachvollziehbare Prüfungskriterien geben.

Wie genau die Vorstellung des BMVI zur Ausgestaltung der Risikoeinstufung aussieht, wurde nicht weiter im Detail ausgeführt. Wenn aber etwa ein Landwirt sein Feld befliege, wäre das Risiko recht niedrig zu bewerten und die Voraussetzung für eine Erlaubnis leichter zu erhalten.

In die Betrachtung nach risikobasiertem Ansatz, der auf den ersten Blick sinnvoll und der jeweiligen Gefahrensituation angemessen erscheint, fließen wohl nicht nur die lokalen Gegebenheiten ein, sondern spielen auch die Erfahrung, Befähigung des Copter-Piloten sowie die technische Eignung des eingesetzten Copters eine wichtige Rolle. Aber es dürfte nicht leicht sein, unterschiedliche Risikostufen scharf voneinander zu trennen.

Es wird in der nächsten Wochen noch spannend sein, zu verfolgen, wie diese risikobasierte Einschätzung aussehen wird, was sie den Copter-Piloten an Vorteilen und Erleichterungen verspricht und ob sie sich in der Praxis bewährt.

Der Entwurf für die Änderung der Regularien wird zunächst noch in den Gremien geprüft und nach Verabschiedung den Verbänden zur Einholung ihrer Meinungen vorgelegt. Danach dürfte die Neuregulierung dann wohl schnell in Form gesetzlicher Bestimmungen umgesetzt werden.

Wer sorgt für die Überwachung des Luftraums?

Angela Kies (DFS) zum praktischen Lösungsansatz Flugfreigabe für UAS

Angela Kies (DFS) zum praktischen Lösungsansatz Flugfreigabe für UAS

Laut Angela Kies, Deutsche Flugsicherung (DFS) wird die Anzahl von UAS in Deutschland derzeit auf 400.000 geschätzt. Und auf Basis einer Hochrechnung amerikanischer Entwicklungszahlen der FAA wird davon ausgegangen, dass sich die Anzahl der UAS (Unmanned Aircraft Systems) bis 2017 verdoppeln werden.

2016 2017 2018 2019 2020
Hobby Nutzung 0,31 0,37 0,47 0,56 0,69
Kommerzielle Nutzung 0,10 0,40 0,42 0,42 0,44
Gesamt 0,40 0,77 0,89 0,98 1,13
Angaben in Mio. Stück

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) wird neben ihren bisherigen Aufgaben auch die Regulierung des UAS-Luftverkehrs übernehmen. Die Herausforderung liege in der sicheren und fairen Integration von UAS in das Luftverkehrssystem im Spannungsfeld von

  • Regulierung & Standardisierung
  • Wirtschaftlichkeit
  • Aufgaben und Herausforderungen
  • Technische System & Entwicklungen

Kern des von der DFS verfolgten Lösungsansatzes ist die enge Verzahnung des bestehenden Air Traffic Management Systems (ATM) mit einem zukünftig erforderlichen UAS Traffic Management Systems (UTM) bestehend aus

  1. Registrierung in Form von Kennzeichnung, „Führerschein“ und Versicherung
  2. Missions-Anmeldung
  3. Freigabe
  4. Dynamisches Geofencing
  5. Conflict Resolution

Dies hält Frau Kies für den vielversprechendsten Ansatz. Aufgrund der rasanten Entwicklung der Copter-Technologie und deren Beliebtheit und Einsatzmöglichkeiten entstehe die Notwendigkeit einer neuen Regulierung des Luftraums. Das sei, so Fr. Kies, die erste Revolution seit zehn Jahren im Hinblick auf die Luftraumregulierung und somit von entscheidender Bedeutung.

Im folgenden berichtete noch der amerikanische Kollege Dr. Kenneth Witcher von der Embry-Riddle Aeronauticas Uni über das Vorgehen der FAA und aktuelle US-amerikanische Entwicklungen.

Fragen des Publikums

In der anschließenden Fragerunde wurde Herr Phiesel insbesondere auf die zu erwartenden Ausbildungsrichtlinien für Copter-Piloten angesprochen und nach einer führerscheinfreien Untergrenze für Modellflugzeuge gefragt. Die soll bei einem Abfluggewicht bis 250g  gegeben sein.

Ein Vertreter der Vereinigung für Polizeihubschrauber wollte erfahren, wie dann von der Polizei privat geflogene Modellflieger von gewerblich geflogenen UAS unterschieden werden könnten, um die Rechtmäßigkeit des Einsatzes zu prüfen. Laut Herrn Phiesel könne dies nach Landung des Multicopters über die vorgeschriebene Kennung erfolgen.

Ein weiterer Teilnehmer wollte von Herrn Phiesel wissen, wann denn nicht mehr nur über Copter Piloten und Gefahrensituationen durch Multicopter,  sondern mit den Copter Piloten geredet würde und ob diese in die Gespräche zur Neuregulierung des Luftverkehrsraums sowie in die Entwicklung der Schulung und Zertifizierungsmaßnahmen von Copter Piloten integriert würden.

Hier sind wir als Bundesverband Copter Piloten mit gleichem Anspruch bereits im Vorfeld auf Herrn Daniel Phiesel und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zugegangen. Wir haben deutlich gemacht, dass wir als Bundesverband Copter Piloten uns für die Interessen der Copter Piloten einsetzen und daher neben den Industrieverbänden und dem Modellflugverband in der geplanten Anhörung der Verbände nach Bekanntgabe des Novellierungsvorschlags mit angehört werden möchten. Als Bundesverband Copter Piloten werden wir unsere Mitglieder weiter über die Neuregulierung der Luftverkehrsordnung informieren, Eure Meinungen und Anregungen hierzu gerne sammeln und in unseren Kommentaren zur neuen Regulierung einfließen lassen.

 

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Bundesverband Copter Piloten e.V. (BVCP)

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